Der juristische Arbeitsalltag als Richter, Staats- oder Rechtsanwalt geht zwingend einher mit Kontakten zum Justizvollzug und deren Einrichtungen. Trotz dieser Tatsache haben die wenigsten Studierenden der Rechtswissenschaften je ein Gefängnis von innen gesehen. In Kooperation mit Herrn Professor Maurer und Gerhard Ding, dem Pfarrer der JVA Mannheim, wurde uns von PRO BONO Mannheim ebendies ermöglicht.
 
Als wir an der JVA in der Herzogenriedstraße ankamen stand uns zunächst die obligatorische Durchsuchung auf gefährliche Gegenstände und Rauschmittel, die jeder Gefängnisbesucher durchläuft, bevor. Smartphones, Geldbeutel, sowie Schlüssel waren allesamt im Eingangsbereich einzuschließen, bevor es losging. Herr Ding erwartete uns bereits nach der Eingangskontrolle, um uns eine Einführung in die größte Justizvollzugsanstalt Baden-Württembergs zu geben.
 
Nach einem kurzen Gang über dem Hof, bei dem wir Blicke auf die gefängniseigene Bäckerei, Metzgerei, Wäscherei und weitere Betriebe erhielten, betraten wir das eigentliche Gefängnisgebäude, in dem die Gefangenen untergebracht sind. In diesem sternförmigen Gebäude, in dessen Seitenarmen sich die Zellen befinden, sind derzeit um die 700 Gefangene verwahrt, vom Schwarzfahrer, der seine Schuld nicht begleicht, bis hin zum Mörder und Sexualstraftäter.
 
So gingen wir nach mehreren kurzen Stationen, die mit interessanten Ausführungen Herrn Dings begleitet wurden, in die erstaunlich große und schöne Gefängniskirche, dem „Wohnzimmer“ des Pfarrers. Dort erwartete uns einer der Inhaftierten zum Gespräch und ein nett angerichteter Tisch mit Kaffee und Keksen. Zusammen entwickelten sich schnell außerordentlich interessante und aufschlussreiche Gespräche über den Gefängnisalltag, damit einhergehende Konflikte und auch über sehr persönliche Themen, wie den Umgang mit der eigenen Schuld und die wahrgenommen enormen Schwächen der Resozialisierungsmaßnahmen in Deutschland. Das Besondere daran war, dies aus Sicht eines Gefangenen zu hören, der sehr reflektiert und aufgeschlossen mit uns diskutierte.
 
Nach fast drei Stunden äußerst kurzweiligen Austauschs in lockerer Atmosphäre verabschiedeten wir uns von dem Gefangenen und erhielten noch einen Einblick in das Zentrum des Gefängnistraktes an dem die vierstöckigen Seitenarme, in denen die Insassen leben, zusammenlaufen. Hier wurde mir erstmals die Größe des Komplexes bewusst und, als wir dort durch die Gitter die Gefangenen in ihren Zellen sahen, auch zum ersten Mal, dass hier wirklich Menschen, zum Teil für mehrere Jahre, einsitzen.
Etwas beklommen machten wir uns auf den Weg zurück an das Eingangstor der JVA, wo wir uns von Herrn Dings verabschiedeten und unsere Wertsachen zurückerhielten.
 
Wir hatten drei sehr interessante Stunden in der JVA Mannheim, die vor allem durch Herrn Ding, der als Seelsorger der Gefangenen doch sehr besondere Einblicke in die Gefühlswelt der Insassen erhält, aber auch durch den Inhaftierten, der mit uns ins Gespräch kam, sehr bereichert wurden. Vielen Dank auch an Herrn Professor Maurer, der das ganze durch seine Organisation möglich machte.
 
Jedem Studenten der Rechtswissenschaften sei ein solcher Besuch ans Herz gelegt, falls er die Möglichkeit dazu bekommt. Danach denkt man über vieles, was Strafvollzug, Resozialisierungsmaßnahmen und Gefängnisalltag angeht vielleicht anders, auf jeden Fall jedoch mehr nach.
 
(Vielen Dank an Timo Günthert für diesen Erfahrungsbericht!)